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Eine Tagung in Hil­des­heim the­ma­ti­siert die Bedeu­tung von Musik  für die Inte­gra­ti­on von Flüchtlingen

Inte­gra­ti­on: Musik baut Brücken

13. Mai 2016 | Pres­se­mit­tei­lung

Hil­des­heim. Maes­tro Bar­kev Tas­la­ki­an aus Bei­rut legt sei­ne Geh­hil­fe bei­sei­te. Er mar­schiert im Kreis und gibt Ein­sät­ze. Ein Kanon wird gesun­gen. „Tue Tue“, ein Kin­der­lied aus Gha­na. Und schon wird der zufäl­lig zusam­men­ge­wür­fel­te Kreis aus Tagungs­teil­neh­me­rIn­nen, Geflüch­te­ten und ehren­amt­lich Enga­gier­ten, die sich an die­sem Abend im Flücht­lings­heim an der Sen­king­stra­ße zusam­men­ge­fun­den haben, zum beweg­ten Chor. Bar­kev Tas­la­ki­an, der in liba­ne­si­schen Flücht­lings­camps mit Hun­der­ten von Kin­dern und Jugend­li­chen singt, stemmt die Hän­de in die Hüf­te, stampft mit den Füßen, mar­schiert. Und bald folgt ihm die gan­ze Grup­pe. Erst die Kin­der, dann die Erwach­se­nen. Und zum Schluss auch die anfangs zurück­hal­ten­den jun­gen Män­ner, die von der Musik aus ihren Zim­mern gelockt wurden.

„Brü­cken bau­en durch Musik“, so ist die Tagung des Michae­lis­klos­ters über­schrie­ben, die in einer Koope­ra­ti­on mit dem Cen­ter for World Music (Prof. Dr. Rai­mund Vogels) und Visi­on Kir­chen­mu­sik orga­ni­siert wur­de. Bis zum heu­ti­gen Frei­tag tra­fen sich Musi­ke­rIn­nen, Kul­tur­wis­sen­schaft­le­rIn­nen, Theo­lo­gIn­nen und Thea­ter­ma­che­rIn­nen drei Tage lang auf dem Michae­lishü­gel. Außer­dem Men­schen, die sich bereits in der Arbeit mit Geflüch­te­ten enga­gie­ren. Oder sich in Zukunft stär­ker enga­gie­ren wol­len. Man sieht: Das gemein­sa­me Sin­gen im Flücht­lings­heim passt bes­tens ins Tagungs­pro­gramm. Ähn­lich hat­ten die Teil­neh­men­den der Tagung zuvor auch schon eine Romeo- und Julia-Per­for­mance von Geflüch­te­ten und Stu­die­ren­den der Hoch­schu­le HAWK am Thea­ter für Nie­der­sach­sen miterlebt.

Die Fra­ge, wie man Begeg­nun­gen mit geflo­he­nen Men­schen auf Augen­hö­he ermög­li­che, stel­le auch kirch­li­che Trä­ger vor eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung, erklärt Prof. Dr. Jochen Arnold, Direk­tor des Michae­lis­klos­ters und Lei­ter der Tagung. So sei in die­sem Jahr die inter­kul­tu­rel­le und inter­re­li­giö­se Öff­nung durch Musik deut­lich in den Fokus der Arbeit gerückt: Dr. Vere­na Grü­ter eröff­ne­te die­se Fra­ge­stel­lung in ihrem ein­lei­ten­den Vor­trag unter dem Mot­to: „Ein-Stim­men in den Frie­den“ Musik als ästhe­ti­sches und ethi­sches Medi­um inter­re­li­giö­ser Begeg­nun­gen.“ Bet­ti­na Strü­bel warf in ihrem Work­shop die ein­leuch­ten­de Fra­ge auf: „Was kön­nen Juden, Chris­ten und Mus­li­me gemein­sam sin­gen?“ und ver­tief­te dies durch ihren Bericht aus der inter­re­li­giö­sen Chor­ar­beit in Frank­furt. Der Gitar­rist Ingo Has­sen­stein beein­druck­te durch sei­ne auf­wän­di­ge Tour­nee mit der Band Strom und Was­ser, bei der Flücht­lin­ge in die musi­ka­li­sche Per­for­mance zwi­schen Reg­gae und Hip­hop ein­be­zo­gen wurden.

Wie man in ande­ren Städ­te und Regio­nen Deutsch­lands die­se Her­aus­for­de­run­gen angeht, davon berich­ten Clau­dia Fren­zel und Lydia Grün von „Kul­tur öff­net Wel­ten“. Die bun­des­wei­te Initia­ti­ve, ins Leben geru­fen von Kul­tur­staats­mi­nis­te­rin Moni­ka Grüt­ters, will sicht­bar machen, wie Insti­tu­tio­nen und Kul­tur­schaf­fen­de sich für inter­kul­tu­rel­le Öff­nung enga­gie­ren. In 15 Tages­work­shops soll dabei die Ver­net­zung von regio­na­len Initia­ti­ven vor­an­ge­trie­ben wer­den. Das Beson­de­re in Hil­des­heim: „Brü­cken bau­en durch Musik“ ist die ein­zi­ge kirch­li­che Initia­ti­ve, die in das Pro­gramm auf­ge­nom­men wurde.

Oft, berich­tet Lydia Grün, schei­ter­ten Enga­ge­ments auf loka­ler Ebe­ne bereits an kul­tu­rel­len Bar­rie­ren zwi­schen Men­schen, die seit Jahr­zehn­ten in der­sel­ben Stadt leb­ten und wirk­ten. Das links­au­to­no­me Kul­tur­haus wis­se nichts vom Enga­ge­ment der Kir­chen. Eine Migran­ten­or­ga­ni­sa­ti­on füh­le sich von der Ver­wal­tung als ehren­amt­li­ches Über­set­zungs­bü­ro aus­ge­nutzt. „Es gibt in Deutsch­land vie­le Men­schen, die was machen wol­len“, ergänzt Clau­dia Fren­zel, „aber wie mache ich’s rich­tig?“ Die­se Fra­ge wol­le „Kul­tur öff­net Wel­ten“ mit gelun­ge­nen Bei­spie­len aus ganz Deutsch­land beant­wor­ten. Wenn etwa ein lei­ten­der Beam­ter in Ber­lin sei­nen Mit­ar­bei­ten­den zwei freie Stun­den in der Woche für ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment lie­ße, dann kön­ne das auch in ande­ren Kom­mu­nen Schu­le machen.

Wobei: Manch­mal liegt das Gelun­ge­ne auch ganz nahe. Wie der „Unter­wegs-Chor“, den Manue­la Hörr und Mark Roberts vom Hil­des­hei­mer Thea­ter RAM mit Meh­met Çetik gegrün­det haben. Unter­wegs sei ihr Chor schon des­halb, erklärt Manue­la Hörr, weil sich ohne­hin alle bewe­gen müss­ten, wenn es um Begeg­nung und Mit­ein­an­der gin­ge. Und so wan­dern Ein­hei­mi­sche und Zuge­wan­der­te ein­mal im Monat auf den Gal­gen­berg, um ein­an­der zuzu­hö­ren und dann gemein­sam zu sin­gen. Denn beim „Unter­wegs-Chor“ kann jeder sein Lieb­lings­lied mit­brin­gen. Ob ukrai­ni­sche Volks­wei­se, ein Kin­der­lied aus Gha­na oder ein Pop­song aus Afgha­ni­stan, alles ist möglich.

Aber wie lernt man aus dem Steg­reif ein Lied, des­sen Ton­art und Spra­che man nicht beherrscht? „Ganz ein­fach“, sagt Manue­la Hörr, „man muss gut zuhö­ren.“ Und ganz lang­sam Schritt für Schritt nach­sin­gen. Klingt nach einem Bei­spiel, das Schu­le machen könnte.

Text: Maxi­mi­li­an Balzer

Pres­se­kon­takt

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